Von: C. Lehmann & D. Schröder

Eine neue Drehleiter für das Stadtgebiet Warstein

Am Abend des 28.04.2021 war es so weit, die neue Drehleiter kam an Ihrer neuen Heimat in Belecke an. Doch die Geschichte beginnt schon früher im Januar 2019 mit der Planung. Insgesamt vier Gemeinden aus dem Kreis Soest hatten sich zusammen getan, um eine gemeinsame Ausschreibung zu erarbeiten. Nachdem zwei Kommunen während der Planung ausgefallen waren, konnten Geseke und Warstein zusammen ein baugleiches Fahrzeug in Auftrag geben. Auch wenn knapp 725.000 € nach viel klingen, konnten durch den interkommunalen Zusammenschluss und die Bestellung von 2 gleichen Drehleitern die Kosten um 15.000 € gesenkt werden.

Herausgekommen ist eine 16 Tonnen schwere DLA(K) 23/12 von Rosenbauer die auf einem 290 PS starken MAN Fahrgestell aufgebaut wurde. DLA(K) steht für Drehleiter Automatik mit Korb und die Zahlen geben an, dass man eine Rettungshöhe von 23 m bei 12 m Abstand zum Gebäude erreicht. Die alte Drehleiter erreicht zwar die gleiche Höhe, trotzdem ist die neue Drehleiter ein Quantensprung mit sehr vielen Neuerungen. Fängt man ganz oben an, dann fällt direkt der Multifunktionskorb auf. Dieser kann bis zu 500 kg Last oder eben 5 Personen aufnehmen. Neu ist auch, dass der Korb an der Vorderseite komplett zu öffnen ist. Das ermöglicht einfacheres einsteigen und mittels Rampe können nun auch Rollstuhlfahrer in den Korb gelangen. Auch die Trage hat eine deutlich höhere Kapazität für Patient:innen bis 300 kg. Mussten früher für die Ausleuchtung von Einsatzstellen erst große Halogenfluter am Korb angebracht werden, machen nun die bereits fest angebauten LED Scheinwerfer die Nacht zum Tag. Wenn das noch nicht reicht, sind zusätzliche Beleuchtungsmittel in den Geräteräumen verstaut. Neben der Rettung kann die Drehleiter auch zum Löschen eingesetzt werden. Der Wasserwerfer kann dafür bis zu 1800 Liter Wasser pro Minute abgeben. Das allein ist nichts Besonderes, jedoch muss der Werfer jetzt nicht mehr unbedingt von einer Einsatzkraft im Korb bedient werden, sondern ist von unten fernsteuerbar. Wie wichtig diese Funktion ist, konnte man am Montagabend sehr eindrucksvoll in der ersten Folge der vierten Staffel "Feuer und Flamme" im WDR sehen, wo ein Feuerwehrmann mit dem Korb mitten im Gefahrenbereich explodierender Gasflaschen steht. Für längere Einsätze sind sogar Bewegungen des Wasserwerfers programmierbar. Neben einem Hochleistungslüfter kann außerdem noch eine große Schuttmulde am Korb angebracht werden.

Ein zusätzliches Knickgelenk in der Leiter 4,6 Meter vor dem Korb erhöht die Flexibilität beim Einsatz noch einmal erheblich und gehört nicht zum Standard. Von den Hydraulikstützen über das Drehgelenk bis zum Ausfahren der Leiter ist alles schneller geworden und sorgt dafür, dass bei Rettungseinsätzen wertvolle Zeit gespart wird, weil die Leiter schneller einsatzbereit ist. Um den schnellsten Weg zum Einsatzort zu finden, ist ein LARDIS System verbaut, womit die Koordinaten der Einsatzstelle direkt bei der Alarmierung auf das Navigationssystem gesendet werden. Ein umfangreiches Kamerasystem erlaubt die Überwachung schwer einsehbarer Stellen bereits bei der Anfahrt und später im Einsatz. Zum Schutz von anderen Verkehrsteilnehmern ist das 10,35 Meter lange Fahrzeug mit einem Abbiegeassistenten ausgestattet. Die restliche Beladung besteht aus einem Stromerzeuger, einer Motorsäge für z.B. Sturmeinsätze sowie weiterer feuerwehrtechnischer Ausrüstung wie Atemschutzgeräte, Wärmebildkamera und noch einigem mehr, was den Umfang des Berichtes hier sprengen würde.

Bei der Abholung im Werk bekamen bereits 7 Feuerwehrleute eine intensive 16-stündige Einweisung in das neue Arbeitsgerät. Das Erlernte wird nun in kleinen Gruppen an die anderen ausgebildeten Drehleitermaschinist:innen weitergegeben. Bis alle ausreichend geschult sind, rücken die alte und die neue Drehleiter noch zusammen aus. Das alte Fahrzeug geht nach 17530 gefahrenen Kilometern, 1017 Betriebsstunden und 25 Jahren Einsatz- und Übungsbetrieb in den Ruhestand. Der letzte Weg führt jedoch nicht auf den Schrottplatz. Wer eine komfortable Möglichkeit sucht, um die Dachrinnen am Haus zu reinigen oder auch die Früchte ganz oben in den Obstbäumen bequem zu ernten, hat Glück und kann die Drehleiter bei einer Onlineauktion über den Zoll ersteigern. Man benötigt zwar einen LKW Führerschein und eine wirklich sehr große Garage, aber die erstaunten Gesichter der Nachbarn sind dafür unbezahlbar ;-)